Eingangs möchte ich wieder erwähnen, dass dieser Bericht sich nur auf die Provinz Nova Scotia bezieht. Kanada hat 10 Provinzen sowie 3 Territorien und in vielen dieser Gebiete werden Regelungen und Gesetze nicht immer mit denen der Provinz Nova Scotia übereinstimmen. Wir erschließen Land in Nova Scotia, da wir hier die Ortskenntnis, wichtige Kontakte haben und somit viele Garantien geben können. Wir halten die Transparenz des Grundbuchamtes in Nova Scotia für sehr gut, etwas was wir nicht immer für andere Provinzen aussagen können.
Heute morgen meldete sich eine deutsche Familie bei uns im Büro, die eine gebrauchte Immobilie erwerben möchte. Man wollte hierzu unsere Meinung und Einschätzung erfahren, da unsere Firma Canadian Pioneer Estates Ltd. vor fast 30 Jahren das Grundstück, auf dem das nun zum Verkauf stehende Haus dann später erbaut wurde, verkauft hatte. Da wir nicht beim Hausbau involviert waren, konnten wir nur sehr wenig zu dem Objekt sagen. Grundlegend sollte man immer versuchen, mit dem früheren Hausbauer zu sprechen und vor allen Dingen eine neue Vermessung beauftragen. Es wird sich wohl kaum in den vergangenen drei Jahrzehnten etwas an den Grundstücksgrenzen geändert haben. In welchem Maße das Haus an welcher Stelle auf das Grundstück gebaut wurde und ob damals auch die Abwasseranlage, Quelle, Stromzuführung, Einfahrtsstraße, der Parkplatz und vieles andere in richtiger Konstellation auf das Grundstück gelegt wurden, können wir nicht wissen. Da es früher, für uns völlig unverständlich, bei einigen Hausbauten vorkam, dass bei dem Bau eines Gebäudes, oder der Infrastruktur, nicht so genau darauf geachtet wurde, wo diese verlegt wurde, kommt es nicht selten vor, dass wichtige Aspekte der Infrastruktur teilweise, oder auch vollständig auf dem Nachbargrundstück liegen. Natürlich waren unsere Grundstücke immer vermessen und man hätte damit die Grenzen einfach erkennen sollen. Man sollte aber nie vergessen, dass ein Grundstück leider nicht zwingend vermessen sein muss, um bebaut zu werden. Deshalb gab es in der Vergangenheit bei einigen Landerwerbern und -anbietern große Probleme bei einer falschen Infrastrukturkonstellation. Diese Problematiken sind heute teilweise nur schwer zu beheben, denn man muss hierfür Gebäude oder Infrastruktur korrigieren bzw. verlegen. Nicht selten habe ich es in 30 Jahren erlebt, wenn wir Grundstücke erwerben wollten, dass nach der Vermessung unsere Grenze durch das Haus des Nachbarn ging oder uns zum Beispiel dessen Einfahrt oder Quelle gehörte. Wir haben dann immer sehr nachbarschaftlich Land abgetreten, um für den Nachbarn und spätere Käufer unserer Grundstücke keinerlei Probleme zu verursachen. In der vorigen Ausgabe hatte ich dezidiert beschrieben, warum wir immer nur vollständig vermessene Grundstücke veräußern und wie wichtig eine eindeutige, beim Grundbuchamt dokumentierte und durch eine Vermessung verifizierte Sachlage ist.
Hauskauf hier viel komplexer als in Europa
Komplexer wird ein Hauskauf allerdings auch, weil hier vieles anders gehandhabt wird als in Europa. Beginnen wir damit, dass viele Menschen auf dem nordamerikanischen Kontinent alle 2 bis 10 Jahre umziehen, da sie oft und gern woanders arbeiten oder eine Fortbildung wahrnehmen. Deshalb ist es vielen Eigentümern auch relativ egal, in welchem Zustand sich das Haus befindet oder aus welchen Baumaterialien das Haus erbaut wurde. Hier haben dann potenzielle neue Käufer schonmal öfter Fragen, Einwände, bzw. Probleme, da man natürlich eine Wertbeständigkeit des zu erwerbenden Objektes anstrebt. Hinzu kommt in vielen Fällen noch, dass beim Bau eines Hauses in Nordamerika oft nicht danach gefragt wird, wie teuer das Haus ist, sondern in welcher Höhe sich die monatliche oder zweiwöchentliche Abzahlungsrate befindet. Oft wird deshalb die Qualität von Häusern leider primär durch die hoffentlich geringe Abzahlungsrate bestimmt, die möglichst bezahlbar bleiben soll. Dass dabei vieles auf der Strecke bleibt, kann man sich vorstellen.
Vor Jahren gab es auf dem Land auch keine oder nur wenige Bauabnahmen und da sich viele Hauseigentümer zu Schreinern, Klempnern oder Elektrikern ernennen, die sie aber nicht wirklich sind, führt dies zuweilen zu Problematiken. Um diese Herausforderungen wissen sicherlich auch Banken und Versicherungen. Deshalb muss oft bei einem gebrauchten Gebäude die Qualität überprüft werden, um diese versichern zu können oder auch von der Bank eine Hypothek zu erhalten. Die größten Schwierigkeiten treten meist auf bei Kaminbränden, Bränden durch Kurzschlüsse bei fehlerhaften, elektrischen Leitungen, schlecht oder gar nicht bestehenden Hausdrainagen, wodurch das Haus ständig feucht und dadurch voller Pilzbefall ist, Dichtigkeit der Fenster, Wände und Decken, die nicht schallisoliert sind, undichte Dächer, etc.
„Nach bestem Wissen und Gewissen“
Ein großes Problem besteht bei gebrauchten Gebäuden auch in der potenziellen Kontaminierung. Hierzu folgende Erklärung: Es gibt in Kanada eine bekannte Stadt, die „Asbestos“ heißt. Dies hängt damit zusammen, dass praktisch die gesamte Stadt seit vielen Jahrzehnten vom Asbestabbau lebte. Diese Industrie hatte natürlich auch viele Lobbyisten in Kanada und da Asbest bekannterweise feuersicher ist, war es über viele Jahrzehnte Gang und Gebe, Asbest in Gebäuden zu verwenden. Ich erinnere mich noch daran, als vor 30 Jahren, kurz nach meiner Einwanderung, in vielen öffentlichen Gebäuden Menschen plötzlich an Atembeschwerden und Allergien erkrankten. Nach langer Untersuchung fand man damals heraus, dass der Einbau von formaldehydhaltiger
Isolierung in Form von Sprühschaum und Ähnlichem in den Wänden zu großen Problemen führte. Heute weiß man sicherlich vieles besser, aber diese Häuser bestehen ja trotzdem weiterhin. Um diese nun verkaufbar zu machen, hat man sich einfallen lassen, dass die Verkäufer „nach bestem Wissen und Gewissen“ beschwören, dass es keine Kontaminierung der Bausubstanz gab und gibt. Wer aber weiß, dass Nordamerikaner oft umziehen und dass somit nicht selten ein ständiger Eigentümerwechsel stattfindet, der weiß auch, dass der dritte, vierte oder fünfte Eigentümer nach der ursprünglichen Erbauung gar nicht mehr wissen kann, welche Bausubstanzen im Gebäude benutzt wurden. Sicherlich hat man so aber diese Häuser wieder verkaufbar gemacht. Ob sie nun ein solches Objekt erwerben möchten, ist dann natürlich eine andere Frage.
„Buyer be aware“
Aus allen vorgenannten Gründen wird immer gerne von Maklern zitiert: „Buyer be aware“. Dies heißt im Wesentlichen „Käufer sei sehr aufmerksam und überprüfe alles selbst“. Makleragenturen beschreiben oft in einem Haftungsausschluss, dass sie sich nach besten Informationen glaubhafter dritter Parteien richten und sie dementsprechend nur eine limitierte, wenn nicht sogar gar keine Haftpflicht übernehmen. Sie sollten sich also sehr genau informieren, wenn Sie eine gebrauchte Immobilie erwerben möchten und vielleicht auch einen Bausubstanzgutachter beauftragen.
Das kanadische Finanzamt sieht bei einem Gebäude eine 4%ige Abschreibung pro Jahr vor, weil man weiß, dass nach 15-20 Jahren oft die Dächer, Außenverkleidungen und Fenster erneuert werden müssen. Ein gebrauchtes Haus muss also nicht unbedingt ein Schnäppchen sein, auch wenn es preiswert angeboten wird. Eventuell anfallende Reparaturen sollten erstmal in Augenschein genommen werden.
Ein neues Haus nach eigenen Wünschen zu bauen, kann sinnvoller sein
Eine Alternative könnte zum Beispiel sein, ein Haus bauen zu lassen oder auch ein fahrbares Haus guter Qualität (Mobile Home) auf das Grundstück zu setzen. Beides geht recht schnell und ist mit viel weniger Stress, als in Europa üblich, verbunden. In dieser Ausgabe zeigen wir Baubeispiele einiger unserer Kunden aus den letzten 30 Jahren. Unsere Landerwerber waren der Meinung, dass sie keinen Kompromiss bei einer Kanadaimmobilie eingehen wollten. So konnte man sich individuell, nach den eigenen Wünschen und Träumen entscheiden, auf welches Grundstück, an welcher Stelle, in welcher Gegend, welches Haus, in welcher Ausfertigung gebaut wurde. Dies erschien aus vorgenannten Gründen oft sinnvoll und wenn man weiß, dass Nordamerikaner gerne direkt an der Hauptstraße ohne Blick- und Lärmschutz bauen und auch bei Wassergrund-stücken nur selten am Ufer, dann hört sich die Idee eines Neubaus zuweilen doch recht sinnvoll an.
Abschließend möchte ich noch beifügen, dass dieser Text aus der Erfahrung langjähriger Praxis entstanden ist. Trotzdem sollte jeder Kauf als ein Individualfall mit verschiedensten Aspekten gesehen werden und dadurch kann in einigen Fällen eine andere Vorgehensweise sinnvoll sein. Auch ändert sich die Gesetzgebung und zuweilen die Auslegung und Anwendung dieser Gesetze. Deshalb kann dieser Text nur als ein Vorschlag für eine Vorgehensweise gesehen werden. In vielen Fällen kommen auch noch andere Faktoren zum Tragen, wenn zum Beispiel Gebäude verkauft werden. Aus diesen Gründen übernehmen wir in keinster Art eine Haftpflicht für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Textes. Wir können nur beschreiben, was wir seit über 30 Jahren für sinnvoll halten. Lassen Sie einfach gesunden Menschenverstand walten und beziehen profihafte Dienstleistungserbringer, wie zum Beispiel Notare, Vermesser, wenn notwendig auch Ingenieure und Gutachter ein, die Ihnen klare Transparenz bieten und Antworten auf alle Fragen haben.